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Rückblick 2023: Bremer Bürgermeister kündigt mehr digitale Services an

Bremen habe den Anspruch Digitalisierungsmaßstäbe zu setzen. Das erklärte der Bremer Bürgermeister und Senator für Finanzen, Björn Fecker (Bündnis 90/Die Grünen), auf dem Nordl@nderDigital 2023. Er kündigte mehrere digitale Verwaltungsleistungen an. Über die Finanzierung sorgt er sich nicht.
„Unser Anspruch ist, nicht nur das Onlinezugangsgesetz umzusetzen, sondern den Bürgerinnen und Bürgern eine Plattform zu bieten“, erklärte Fecker. „Wir setzen Maßstäbe für die Bundesrepublik.“ Er verwies auf erfolgreiche Bremer Digitalisierungsprojekte wie Einfach Leistungen für Eltern (ELFE). Hinzugefügt habe sein Senat nun unter anderem die Online-Geburtsanzeige für Hebammen. „Das soll erst der Anfang sein“, versprach der Senator für Finanzen. Hinzukommen würden bis Jahresende Digitalleistungen rund um die Themen Aufenthaltsstatus, Hochzeit und Zeugnisse.
Ab nächstem Jahr werde Bremen zudem ein zentrales Widerspruchssystem bauen. Nach den Kosten dieser Projekte gefragt, betonte der Grünen-Politiker: „Als Finanzsenator bin ich von Grund auf optimistisch, sonst bräuchte ich gar nicht erst mit diesem Job anfangen.“ Die Digitalisierung halte er für die beste Chance, Kosten einzusparen. „Gerade in Bremen haben wir keine andere Möglichkeit, als auf Digitalisierung zu setzen“, schloss der Senator für Finanzen.
Die Stadt Bremerhaven setzt auch auf Digitalisierung, um Arbeitskräfte zu gewinnen und zu halten. Das berichtete der Bürgermeister von Bremerhaven, Torsten Neuhoff, auf dem Nordl@nderDigital-Kongress in Bremen.
„Digitalisierung ist ein Gradmesser der Arbeitgeberattraktivität“, sagte Neuhoff. Es ginge dabei „nicht um Zwangsautomatisierung, sondern um Optimierung unserer Prozesse“. Dafür müsse sich die Verwaltung neu entwerfen und Hindernisse abbauen. Bremerhaven sei recht weit. Ein Großteil der Akten sei digitalisiert. Dies ermögliche auch Home Office-Arbeit. „Inzwischen können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – je nach Aufgabe – bis zu vier Tage mobil arbeiten“, schilderte der CDU-Politiker. Dadurch habe die Kommune viele engagierte Arbeitskräfte gewonnen. „Die Bilanz lässt sich sehen“, sagte Neuhoff.
Das Land Bremen bemühe sich auch ihre Exklave Bremerhaven bei der Bremer Digitalisierung mitzunehmen. „Und das gelingt Ihnen ganz gut“, kommentierte der Bremerhavener Bürgermeister in Richtung der anwesenden Bremer Digitalisierungsverantwortlichen.

„Als Finanzsenator bin ich von Grund auf optimistisch, sonst bräuchte ich gar nicht erst mit diesem Job anfangen.“ So erklärte Björn Fecker (Bündnis 90/Die Grünen) sein Berufsethos. Fotos: BS/Jörg Machirus

Bis zu vier Tage mobiles Arbeiten in der Woche hätten Bremerhaven viele engagierte
Mitarbeitende gebracht, berichtet Bürgermeister Torsten Neuhoff (CDU).

Das Publikum genoss den diesjährigen Nordl@nderDigital-Kongress im GOP Bremen.

„Der Server ging nicht in die Knie, er ging KO“

(BS) Millionen Studierende beantragten im März die Energiepauschale. Sie nutzten dafür die BundID und die von der Governikus entwickelte AusweisApp2. Auf dem Nordl@nderDigital-Kongress berichtete Governikus-Geschäftsführer Dr. Stephan Klein aus den ersten vier Tagen, als der AusweisApp2-Server kurz vor dem Kollaps stand.
„Am Ende war die Energiepauschale für uns ein großer Erfolg“, sagt Klein, „aber die ersten vier Tage waren nicht so gut.“ Der Erfolg der Governikus liege darin, dass inzwischen rund neun Millionen Deutsche die BundID nutzen. Vor dem Energiepauschale-Antrag im März 2023 seien es zwischen fünf und sechs Millionen gewesen, schätzt der Governikus-Geschäftsführer. Die Bremer GmbH betreibt unter anderem die AusweisApp2, die man braucht, um sich mit der BundID zu identifizieren. „Nach der Spitze von zwei Millionen Downloads im März, sind wir weiter gewachsen. Dieser Zuwachs ist der Energiepauschale zu verdanken“, sagt Klein.
Aber in den ersten vier Tagen brachte die plötzliche Nachfrage die Systeme an den Rand des Kollaps. Studierende hatten nämlich die Möglichkeit wegen der stark gestiegenen Energiekosten eine Einmalpauschale von 200 Euro zu beantragen. Sie konnten sich auf drei Weisen identifizieren: mit dem ELSTER-Zertifikat, einer PIN-Nummer ihrer Hochschule oder mit der BundID. Viele entschieden sich für Letztere. „Niemand hatte uns Bescheid gesagt, dass der Antrag begann“, kritisiert der Governikus-Geschäftsführer. Es begann das, was Klein den „Fachvorfall“ nennt. Zwei Millionen Menschen luden sich die AusweisApp2 herunter. Das belastete den Download-Server.
Für die Anmeldung bei der App braucht es zudem eine PIN. Diese Nummer hatten rund 600.000 Studierende nicht griffbereit. Also beantragten sie per In App-Funktion eine Ersatz-PIN. Auf einmal musste die Bundesdruckerei über eine halbe Million PIN-Briefe versenden. „Der eID-Server ging nicht in die Knie, er ging KO“, berichtet Klein. Es habe böse Anrufe aus Berlin gegeben. Doch der Server konnte multipliziert werden. Dabei habe die Governikus neue Server aufgestellt und das Programm neu installiert.
Daraus habe die Governikus eine Lehre gezogen, berichtet Klein. Seitdem sei die Software auf dem Weg in die Cloud. Gemeinsam mit der GovDigital betreibe das Unternehmen nun eine Kubernetes-Plattform mit vielen Containern. „Wenn jetzt eine Software unter Last gerät, können die anderen Container das auffangen“, sagt Klein. „Damit uns nicht mehr das passiert, was im März passierte. Wenn die Dienstleistung nicht erreichbar ist, vergrätzen wir alle“, resümiert der Geschäftsführer.

Auf dem Nordl@nderDigital-Kongress schilderte Governikus-Geschäftsführer Stephan Klein, wie die Energiepauschale von einer Krise zu einem großen Erfolg des Unternehmens wurde. Foto: BS/Jörg Machirus

Inspiration aus der Wirtschaft

Für die Digitalisierung könne man nicht das Vorgehen der privaten Unternehmen kopieren, stellte Prof. Dr. Moreen Heine klar. Mit ihnen zu sprechen, lohne sich aber für die öffentliche Verwaltung. Denn neben den vielen Unterschieden gebe es auch einiges, das Staat und Privatwirtschaft verbinde.
Den privaten und öffentlichen Sektor trenne die Finanzierung, die Ausrichtung und Prinzipien sowie der Einfluss der Führungsorgane, erklärte Heine, Professorin für E-Government und Open Data Ecosystems an der Universität zu Lübeck auf dem Nordl@nderDigital-Kongress. Daher könne man in der Verwaltung nicht einfach „das machen, was die Wirtschaft macht“.
Allerdings stelle man sich gemeinsamen Herausforderungen. Fachkräftemangel und Kunden mit vielschichtigen Anforderungen gehörten dazu, so die Professorin. Zentral sei aber der Zusammenstoß von bürokratischen Strukturen und dem agilen Arbeiten. Zum Beispiel stoße die informelle Kommunikation auf traditionelle Hierarchien und Dokumentationspflichten.
Daraus ergebe sich die Idee, gemeinsam die Digitalisierung zu gestalten. Heine stellte vielfältige Möglichkeiten der Kooperation heraus. Dazu gehörten Digitalisierungslabore und Open Government. Letzteres richte sich in seinen Partizipationsmöglichkeiten nicht nur an die Zivilgesellschaft, sondern eben auch an Unternehmen.
Insgesamt sei es Heine zufolge sinnvoll, sich außerhalb vom eigenen Kontext „umzuschauen“ und Gespräche zu führen. Dort könne man sich Inspiration holen. Auch zwischen den Netzwerken gebe es Austausch. „Man beobachtet sich“, schloss Heine. „Und wir treffen uns auf solchen Veranstaltungen. Das finde ich sehr gewinnbringend.“

Prof. Dr. Moreen Heine (links) berichtete über die Brückenbildung zwischen dem öffentlichen und privaten Sektor.