Pendant zum BSI werden  

Daniel Kleffel stellte die Arbeit des bayerischen Landesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik vor. (Foto: BS/Feldmann)

Das bayerische Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI) hat vor wenigen Tagen mit rund 30 Mitarbeitern seinen Betrieb aufgenommen. Und der kommissarische Leiter der Behörde mit Sitz in Nürnberg, Daniel Kleffel, hat hohe Ansprüche an seine Beschäftigten. „Wir wollen ein Pendant zum Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik werden“, unterstrich er. (11.12.2017)

Außerdem wolle man ein starkes Beratungsangebot für die Kommunen im Freistaat bereithalten. Hier machte er unmissverständlich klar: „Wir wollen mehr für die Kommunen tun.“ Zudem solle eine enge Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden stattfinden. Zugute komme dem LSI grundsätzlich, dass „wir bei der IT-Sicherheit in Bayern nicht bei null anfangen“.

LSI darf zahlreiche Daten speichern

Des Weiteren machte Kleffel, der zuvor im bayerischen Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat, dem das LSI auch untersteht, tätig war, klar, dass das Aufgabenspektrum der Behörde sehr groß sei. Dabei sei sie sowohl befugt, Protokoll- als auch Inhaltsdaten zu speichern. Erstere dürften höchstens zwölf, Letztere maximal acht Wochen vorgehalten werden. Wenn ein hinreichender Verdacht auf eine Straftat vorliege, dürften die Mitarbeiter des LSI sogar noch weitergehende Datenspeicherungen vornehmen, berichtete Kleffel. Zugleich stellte er jedoch auch klar: „Das Landesamt für Sicherheit in der Informationstechnik ist kein Ermittlungsorgan.“ Vielmehr gebe man entsprechende Daten gegebenenfalls an die Polizei weiter.

Netzwerke bilden

Als weitere LSI-Aufgaben identifizierte Kleffel die Information von Bürgern über IT-Gefahren sowie die Sensibilisierung von Behördenmitarbeitern für entsprechende Bedrohungen. Ebenso komme es darauf an, Wissensnetzwerke mit anderen Behörden, auch aus anderen Bundesländern sowie Hochschulen aufzubauen.

Keine eigenen operativen Befugnisse

Stellte die Aufgaben der Zentralstelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) vor: Wilfried Karl. (BS/Feldmann)

Die neu geschaffene Zentralstelle für Informationstechnik im Sicherheitsbereich (ZITiS) soll vor allem Bundeskriminalamt, Bundespolizei und Bundesamt für Verfassungsschutz bei ihrer Arbeit unterstützen. Eigene operative Befugnisse stehen ihr, deren Mitarbeiter ab 2022 in einem Neubau auf dem Gelände der Bundeswehr-Universität München untergebracht werden und derzeit noch an einem anderen Standort in der bayerischen Landeshauptstadt arbeiten, allerdings nicht zu. Das machte ZITiS-Leiter Wilfried Karl deutlich. Außerdem unterstrich er: „Wir sind keine neue Polizei und kein neuer Nachrichtendienst.“

Keine Hintertüren einbauen

 Vielmehr solle die Stelle als Dienstleister für Forschung und Entwicklung fungieren. Dabei solle auch Grundlagenforschung getätigt werden, so Karl. Eines werde es aber nicht geben: „Es ist nicht die Aufgabe von ZITiS, Hintertüren in Software einzubauen.“

Zentrale Arbeitsbereiche seien digitale Forensik, Techniken der Telekommunikationsüberwachung, Kryptoanalyse und die Auswertung großer Datenmengen. Welche Projekte dabei genau durchgeführt werden, lege ein einmal jährlich tagender Beirat in einem Jahresarbeitsprogramm fest. Das Gremium bestehe aus Vertretern von ZITiS, Bundespolizei, Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz und müsse seine Aufträge an die ZITiS einstimmig beschließen.

Zahlreiche Bedarfsträger

Aus diesem Grunde konstatierte Karl: „Unsere Arbeit ist kein Selbstzweck.“ Vielmehr würden über den Beirat auch Bedarfe der Landesämter für Verfassungsschutz, der Landeskriminalämter und des Bundesnachrichtendienstes einfließen. Außerdem fungiere man auch als Bindeglied zu Forschung und Wissenschaft. Für die Arbeit bei ZITiS, deren Existenz nicht auf einem Gesetz, sondern auf einem Ministererlasse beruhe, seien vor allem Absolventen technisch-mathematischer Studiengänge gefragt. So suche man u.a. Ingenieure und Informatiker.

Führen gemeinsamer Dateien kaum möglich

Dr. Burkhard Körner, Präsident des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, ging auf das Trennungsgebot ein. (Foto: BS/Feldmann)

Das in der deutschen Geschichte wurzelnde Trennungsgebot zwischen Polizeibehörden einerseits und Verfassungsschutzämtern andererseits erlaubt es beiden Akteuren nur in sehr engen Grenzen, gemeinsame Datenbanken zu unterhalten. Deshalb könnten diese Dateien, zu denen etwa die Anti-Terror-Datenbank und jene über Rechtsextremisten gehörten, ihre Wirksamkeit kaum entwickeln. Das kritisierte der Präsident des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz, Dr. Burkhard Körner. Des Weiteren bemängelte der Behördenleiter, dass die Weitergabe von nachrichtendienstlichen Informationen an die Polizeien laut eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe nur zulässig sei, wenn diese die Informationen auch selbst hätten erheben können und ein herausragendes öffentliches Interesse an dem Austausch bestehe.

Keine negativen Folgen für OK- und Terror-Bekämpfung

Zugleich berichtete Körner aber auch, dass dieses informationelle Trennungsgebot – zumindest was die Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und internationalem Terrorismus angehe – keine Auswirkungen auf die Kooperation zwischen Verfassungsschutz und Polizei habe. Hier stehe es einem effektiven Informationsaustausch nicht im Wege, weil das herausragende öffentliche Interesse an der Datenweitergabe eigentlich immer zu bejahen sei. Außerdem bestehe ja immer noch die Möglichkeit, dass der Verfassungsschutz die Informationen in solch einer Weise aufbereite, dass auch die Polizei sie verwenden könne, meinte Körner. Und selbst wenn das einmal nicht der Fall sein sollte, dürfe die bayerische Polizei ja dennoch weiterhin eine anlassunabhängige Personenkontrolle durchführen.

Engeren und effektiveren Austausch angemahnt

Diskutierten über notwendige Verbesserungen beim behördlichen Informationsaustausch (v.l.n.r.): Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD), Katharina Schulze (Bündnis 90/Die Grünen), R. Uwe Proll (Moderator), Peter Schall (GdP), Dr. Florian Herrmann (CSU) und Eva Gottstein (Freie Wähler). (Foto: BS/Feldmann)

Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) müssen angesichts zunehmend hybrider werdender Bedrohungen und aufgrund der fortschreitenden Globalisierung enger miteinander zusammenarbeiten und ihre Erkenntnisse effektiver teilen. Darin waren sich alle Diskutanten der Debattenrunde auf dem Münchner Polizeitag einig. Wie genau dieses Ziel erreicht werden kann, darüber gingen die Meinungen der Abgeordneten des bayerischen Landtages und von Peter Schall, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) im Freistaat, allerdings zum Teil auseinander.

Zentralstelle beim Bund gefordert

So plädierte etwa Prof. Dr. Peter Paul Gantzer von der SPD für die Schaffung einer zentralen Stelle auf Bundesebene, die für die BOS relevante Daten sammeln und auswerten sollte. Denn bisher gelte: „Der Föderalismus besteht bei der Datensammlung ebenso fort wie die dazu gehörigen Länderrivalitäten.“ Für diese Kritik erhielt der Abgeordnete, der bereits seit 1978 Mitglied des bayerischen Landtages ist, Zuspruch von Schall. Auch dieser wies darauf hin, dass die föderale Ordnung in Deutschland zu unterschiedlichen Datenspeicherfristen in den einzelnen Bundesländern beitrage, was der polizeilichen Arbeit nicht förderlich sei. Eva Gottstein von den Freien Wählern wiederum machte deutlich: „Viele Informationen, die nebeneinander herlaufen, helfen nichts.“ Vielmehr komme es auf einen wirksamen Austausch an.

Nicht zum Täterschutz verkommen

Hier wollte auch Dr. Florian Herrmann von der CSU nicht grundsätzlich widersprechen. Auch er betonte: „Die Sicherheitsbehörden müssen enger kooperieren.“ Zugleich unterstrich er mit Blick auf den Datenschutz allerdings auch: „Datenschutz darf nicht zum Täterschutz werden.“ Und Gantzer ergänzte, dass es in der Bevölkerung kein Misstrauen gegenüber der Datennutzung durch die Polizei geben dürfe, da diese den Datenschutz grundsätzlich beachte. In diesem Zusammenhang unterstrich Katharina Schulze von der bayerischen Grünen-Fraktion: „Datenschutz behindert Polizeiarbeit nicht per se.“ Eher sei er ein wichtiger Wert in einer freiheitlichen Gesellschaft. Aus diesem Grunde spreche sich ihre Partei auch für eine zielgerichtete Datenspeicherung durch die Sicherheitsbehörden aus und wende sich gleichzeitig gegen eine anlasslose Speicherung. Hierzu gab es Widerspruch von Herrmann: „Die Behörden sind nicht der Feind der Bürger oder der Freiheit.“ Und auch Gottstein meinte: „Ich gehe nicht grundsätzlich davon aus, dass gesammelte Daten vom Staat missbraucht werden, weil ich an unseren Rechtsstaat glaube.“

Daten müssen schneller abfragbar sein  

Der bayerische Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Peter Schall, verlangte einen umfassenden Informationsverbund Sicherheit. (Foto: BS: Feldmann)

Die föderale Struktur sei teilweise ein Hemmschuh für die polizeiliche Arbeit. Künftig müsse die Abfrage von Daten – auch länderübergreifend – deutlich schneller und einfacher möglich sein. Das verlangte der bayerische Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Peter Schall. Derzeit gebe es in diesem Bereich jedoch noch große Probleme. Das gelte besonders für die europaweite Abfrage von DNA-Treffen und Fingerabdrücken auf Grundlage des „Prümer Vertrages“. Hier stellten nicht alle Nationen ihre Daten zur Verfügung und selbst wenn sich ein Land am Informationsaustausch beteilige, erhielten die deutschen Polizeien nur die generelle Auskunft, dass es einen Datenbank-Treffer gegeben habe. Um anschließend Details darüber zu erfahren, seien immer noch umständliche Rechtshilfeersuchen erforderlich, bemängelte der Gewerkschafter.

Sicherheit Priorität einräumen

Des Weiteren kritisierte Schall, dass es erschreckend sei, wie viel Behörden über Täter oder Tatverdächtige aufgrund datenschutzrechtlicher Bestimmungen nicht wissen dürften. In diesem Zusammenhang betonte er: „Sicherheit geht vor Datenschutz.“ Und weiter: „Wir brauchen ein gesundes Verhältnis zum Datenschutz.“ Außerdem unterstrich Schall: „Wir wollen keine Daten auf Vorrat haben. Wenn es für die Strafverfolgung notwendig ist, benötigen wir aber den Zugriff auf die erforderlichen Daten.“ Allgemein verlangte der bayerische GdP-Chef im Konferenzzentrum der Hanns-Seidel-Stiftung in München zudem: „Wir brauchen einen Informationsverbund Sicherheit.“ Dieser solle sich möglichst nicht nur auf Deutschland beschränken, sondern europaweit wirksam werden.

Austausch verbessern

Will einen stärkeren Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). (Foto: BS/Feldmann)

Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) müssen ihre gewonnenen Informationen und Erkenntnisse künftig deutlich effektiver miteinander teilen und untereinander austauschen. Das verlangte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf dem Münchner Polizeitag von Behörden Spiegel und Gewerkschaft der Polizei (GdP) mit rund 170 Teilnehmern sowohl für die Bundes- als auch für die europäische Ebene.

Des Weiteren forderte der Ressortchef: „Der Schutz Kritischer Infrastrukturen muss aus einem Guss erfolgen.“ Dafür gelte mit Blick in die Zukunft aber: „Bei der Cyber-Sicherheit müssen wir einiges neu ordnen.“ 

Informationsaustausch verbessern – Mehr Zentralisierung ist keine Lösung

Die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) müssen ihre gewonnenen Informationen und Erkenntnisse künftig deutlich effektiver miteinander teilen und untereinander austauschen. Das verlangte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) auf dem Münchner Polizeitag von Behörden Spiegel und Gewerkschaft der Polizei (GdP) sowohl für die Bundes- als auch für die europäische Ebene.
Zugleich machte der Münchner Ressortchef jedoch auch deutlich, dass dafür die deutsche Sicherheitsarchitektur nicht auf den Kopf gestellt werden müsse und dass ein Mehr an Zentralisierung von Befugnissen keine Lösung sei. Herrmann unterstrich: „Bevor wir uns über neue Zuständigkeiten unterhalten, sollten zunächst alle Behörden ihre gesetzesmäßigen Aufgaben erfüllen können.“ Bei der Bundespolizei, die derzeit bei den Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze massiv von der bayerischen Landespolizei unterstützt werde, sei das momentan nicht der Fall.
Des Weiteren forderte der Münchner Ressortchef: „Wir brauchen auch möglichst gleiche Befugnisse in allen Bundesländern.“ Und: „Der Schutz Kritischer Infrastrukturen muss aus einem Guss erfolgen.“ Dafür seien aber Reformen bei der Cyber-Abwehr erforderlich, schloss Herrmann.

Will einen stärkeren Informationsaustausch zwischen Sicherheitsbehörden: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Foto: BS/Feldmann